Douglas Adams’ Dirk Gently’s Holistic Detective Agency: Ein Detektivroman mit Science-Fiction-Charakter – Remaster 2018

Als ersten Eintrag habe ich die Veröffentlichung einer Proseminar-Arbeit aus meiner Zeit an der Uni gewählt, deren Entstehung vor nun exakt 20 Jahren ich als ursächlich auch für meine Begeisterung zu diesem Blog und das Verfassen von Texten im Allgemeinen ansehe. Damals ist es im Anschluß daran – aufgrund meiner eigenen Nachlässigkeit – nicht mehr zur angebotenen Zusammenarbeit mit einem Team aus Studentinnen und Studenten rund um die Dozentin gekommen. Schade.
Also hier im Blog nun die ‚remasterte‘ Fassung – mit leichten Korrekturen (in dezentem grau).


Douglas Adams’
Dirk Gently’s Holistic Detective Agency:

Ein Detektivroman mit Science-Fiction-Charakter


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung: Detective Fiction der Dritten Art
2. Begriff: Science Fiction
2.1 Definition und Abgrenzung der Science Fiction
2.2 Science Fiction als Spiegel der gegenwärtigen Gesellschaft
3. Reisen durch Raum und Zeit
3.1 Regs Zeitmaschine
3.2 Douglas Adams’ Raum-/Zeit-Theorien
3.2.1 Die alternative Realität des Romans
3.2.2 Annäherung der Wirklichkeitsverhältnisse an unsere Gegenwart
4. Fortschritt durch Technik?
4.1 Technik aus einer fremden Welt
4.2 Vision für die menschliche Zukunft
5. Science Fiction und Parapsychologie
5.1 Der Einfluß der Parapsychologie auf die Science Fiction
5.2 Parapsychologische Elemente in Douglas Adams’ Roman
5.2.1 Dirk Gentlys geistige Fähigkeiten
5.2.2 Existenz von Geistern
5.2.3 Rückbesinnung auf die Romantik
6. Karikatur der Gegenwart
7. Schluß

FUSSNOTEN

BIBLIOGRAPHIE


1. Einleitung:
Detective Fiction der Dritten Art

Nach der Vorstellung der vom Leser gewohnten Detektive wie Sherlock Holmes bestehen die wesentlichen Eigenschaften, die ein Detektiv zur Aufklärung eines Kriminalfalls besitzen muß, zum einen in einer ausgeprägten Beobachtungsgabe und zum anderen in einer rationalen und logischen Vorgehensweise. Dieser Ansicht tritt Dirk Gently, der Protagonist in Douglas Adams Roman Dirk Gently’s Holistic Detective Agency und seines Zeichens holistischer Detektiv, mit seiner Überzeugung entgegen, daß jeder Fall unter Einbeziehung der „fundamental interconnectedness of all things“1 gelöst werden müsse.
Douglas Adams äußerte sich zu dieser unorthodoxen Arbeitsmethode in einem Interview mit The Bloomsbury Review:

„The Sherlock Holmes thing was, once you’ve eliminated the impossible, then whatever’s left, however improbable, must be the case. When I turned it ‘round, I suddenly realized that, in fact, very often the impossible actually has a greater ring of truth to it than the improbable, because the improbable means that you’re seriously off-beam, whereas the impossible suggests you’re at a hundred and eighty degrees from it. And something that’s a hundred and eighty degrees from the truth is often as true as something that is more obvious.“2

Diese Ausführungen zeigen bereits, daß es sich bei Douglas Adams Werk um einen Roman handelt, den man nicht so ohne weiteres in eine Reihe mit den klassischen Detektivromanen (z.B. die Werke von Arthur Conan Doyle, Agatha Christie, Raymond Chandler, Dashiell Hammett) stellen kann. In seiner Vielseitigkeit läßt er sich wohl kaum nur dem einen Genre der Detective Fiction zuordnen und kann somit von verschiedenen Standpunkten aus betrachtet werden.
Im Folgenden soll das Hauptaugenmerk auf die Elemente des Romans gelegt werden, die ihre Wurzeln in der Science Fiction (SF) haben. Desweiteren soll untersucht werden, ob eine Einordnung in dieses Genre legitim ist.


2. Begriff: Science Fiction

2.1 Definition und Abgrenzung der Science Fiction

Im einfachsten Falle handelt es sich bei SF um „fiction often based on future or recent scientific discoveries, and dealing with imaginary worlds, space travel, or life on other planets“3. Bei einer genaueren Betrachtung stößt man bei dieser Definition jedoch auf Probleme. Es stellt sich u. a. die Frage, wo die Grenze einerseits zur realen Fiktion und andererseits zur Fantasy zu ziehen ist.4 Isaac Asimov stellt folgende Forderung auf:

„Science Fiction must involve itself with science and technology at least tangentially. It must deal with a society noticably different from the real one of its time, and this difference must involve some change in the level of science and technology.“5

Die SF projeziert gegenwärtige menschliche Vorstellungen und Erwartungen in die Zukunft und sieht sie dort als erfüllt an. Sie baut dabei auf gesellschaftlichen und technischen Trends der Gegenwart auf6 und greift, um glaubwürdig zu sein, häufig auf Theorien und Erkenntnisse der Naturwissenschaften, der Psychologie und der Philosophie zurück.
Darin ist der entscheidende Unterschied zu Romanen des Fantasy-Genres zu sehen, die in der Regel nicht auf diesem Wirklichkeitsbezug zur Gegenwart basieren und deshalb in den meisten Fällen eher unglaubwürdig wirken.

Science Fiction kann und will trotzdem natürlich nicht in erster Linie Prophezeiungen über mögliche zukünftige Entwicklungen abgeben. Das bleibt eher die Aufgabe des utopischen Romans.
Der Einwand, daß Wissenschaft und Fiktion aufgrund ihres Wesens nicht in Einklang gebracht werden können, erweist sich als irrelevant, da die SF, trotz ihres Bestrebens, glaubhaft zu sein, keinen Anspruch auf Authentizität erhebt:

„The best science fiction does not depend for its effect upon a slavish adherence to scientific accuracy; only some of the worst concerns itself with trying to achieve such adherence. The chief ingredient of SF […] is something that in literature has proved more vitalizing.“7

2.2 Science Fiction als Spiegel der gegenwärtigen Gesellschaft

Die SF schildert Verhältnisse, wie sie unter Umständen in ferner Zukunft auf der Erde herrschen könnten oder wie sie im Universum möglicherweise bereits existieren, und gibt damit dem Leser einen Anstoß, sich selbst über diese Fragen Gedanken zu machen.
Für Aldiss ist sie „the literature of the unorthodox. In it you find new ideas, some of them wild, some of them useless, some of them ideas that everyone will eventually be forced to face.“8
Ihre Ideen basieren auf den Vorstellungen und Erwartungen unserer Gegenwart für die Zukunft, oft werden auch uralte Menschheitsträume aufgegriffen. Auf diese Weise spiegelt die SF unsere Träume wider und ermöglicht einen tiefen Einblick die Gesellschaft der Zeit, in der sie geschrieben worden ist.9

„Die Science Fiction befaßt sich ihrer Natur nach mit Veränderungen. Sie akzeptiert die Notwendigkeit und die Unvermeidlichkeit von Veränderungen als Grundmerkmal ihres eigenen Wesens […] Sie ist, kurz gesagt, die einzige Literaturgattung, die exakt auf die heutigen Probleme, Ängste und Hoffnungen eingestimmt ist – die einzig wirklich aktuelle Literaturgattung.“10


3. Reisen durch Raum und Zeit

3.1 Regs Zeitmaschine

Urban Chronotis, kurz: Reg, Professor für Chronologie am St. Cedd College in Cambridge, befindet sich im Besitz einer Zeitmaschine, mittels der er Raum-/Zeitreisen unternimmt.
Douglas Adams greift mit der Idee der Zeitmaschine einen alten Menschheitstraum auf, den Traum, in die Vergangenheit reisen und Dinge ungeschehen machen zu können, historischen Ereignissen persönlich beizuwohnen oder in Erfahrung zu bringen, was in der Zukunft passieren wird. Diese Idee wurde erstmals in H. G. Wells Erzählung The Time Machine diskutiert, die „damit zum Vorbild für ungezählte Science-fiction-Autoren“11 wurde.
Das Bedürfnis, in die Vergangenheit zu reisen und bestimmte Dinge rückgängig zu machen, besitzt auch der Geist eines außerirdischen Bordingenieurs. In Gestalt des Michael Wenton-Weakes reist er, zusammen mit Reg, Dirk und Richard, vier Milliarden Jahre zurück in der Zeit, um die Explosion seines Raumschiffes, die, wie sich später herausstellt, ursächlich für die Entwicklung allen Lebens auf der Erde war, zu verhindern.
Diese Zeitreise gestaltet sich für den Leser deshalb so interessant, weil Douglas Adams hier eine der Grundfragen anspricht, die die Menscheit bewegen, nämlich die Frage nach unserer Existenz und dem Ursprung allen Lebens auf der Erde. Obwohl die Theorien, die Adams aufstellt, für den Leser unter den im Roman beschriebenen Umständen völlig absurd sind und in erster Linie unterhalten wollen, geben sie dennoch einen Anstoß, sich selbst über diese Frage Gedanken zu machen.

3.2 Douglas Adams’ Raum-/Zeit-Theorien

Wie bereits in 2.1 ausgeführt, kann sich die SF naturwissenschaftlicher Thesen bedienen, um eine gewisse Glaubwürdigkeit zu erlangen. So stützt sich Douglas Adams’ Roman auf Einsteins Relativitätstheorie und die Quantenphysik sowie auf deren Weiterentwicklungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Auseinandersetzung mit diesem Thema kommt wohl am stärksten in der Diskussion zwischen Dirk und Richard über „Schroedinger’s Cat“ und Quantenmechanik in Kapitel 16 zum Ausdruck.

3.2.1 Die alternative Realität des Romans
Adams geht dabei in seinem Buch von der Theorie aus, daß es nicht nur eine Wirklichkeit gibt, sondern eine Vielzahl alternativer Wirklichkeiten.

„Ihr liegt die Überlegung zugrunde, daß Zeitreisende bei ihrem Eintritt in die Vergangenheit in alternative Geschichten geraten, die sich von der überlieferten Geschichte unterscheiden. So können sie frei handeln, ohne dem Zwang der Konsistenz mit ihrer bisherigen Geschichte unterworfen zu sein.“12

Die beschriebene Realität ist nicht identisch mit der Wirklichkeit unserer Gegenwart. Als Beleg dafür kann Coleridges Werk „Kubla Khan“ herangezogen werden. In der erzählten Wirklichkeit besteht das Gedicht aus zwei Teilen, wie der Satz „The voice continued, reading the second, and altogether stranger part of the poem …“ am Ende des sechsten Kapitels beweist. Im ersten Teil beschreibt Coleridge den Ort, an dem sich das Raumschiff befindet; der zweite Teil beinhaltet die Prüfungsanweisungen, die für den Startvorgang notwendig sind. Das Gedicht soll zu einem Zeitpunkt abgefaßt worden sein, an dem sich Coleridge unter maßgeblichen Einfluß des außerirdischen Geistes befand. Der Geist hatte Kenntnis von Regs Zeitmaschine erlangt, und verfolgte den Plan, mittels dieser Zeitmaschine in die Vergangenheit zurückzureisen, um das Unglück zu verhindern. Da er jedoch die notwendigen Reparaturen am Raumschiff nicht selbst durchführen konnte, war es nötig, ein Medium, Michael Wenton-Weakes, zu wählen, dem er aber auf irgendeine Art und Weise die technischen Details des Raumschiffes vermitteln mußte; diesen Zweck sollte das Gedicht erfüllen.13 Als Dirk zu der Erkenntnis kommt, daß die Explosion des Schiffes der Grund dafür war, daß sich auf unserem Planeten Leben entwickelt hat, reist er zusammen mit Reg und Richard durch die Zeit, um Coleridge zu besuchen und ihn bei der Abfassung des Gedichts zu stören und ihn so zu verwirren, daß er sich anschließend nicht mehr an den zweiten Teil erinnern konnte.14 Auf diese Weise verhindert Dirk die Reparatur des Raumschiffes und rettet so die Menscheit vor ihrer Auslöschung „at no extra charge“.15

3.2.2 Annäherung der Wirklichkeitsverhältnisse an unsere Gegenwart
In unserer Wirklichkeit gibt es keinen zweiten Teil des Gedichts. Einer Überlieferung zufolge ist Coleridge tatsächlich gestört worden, als er gerade mit dem ersten Teil fertig war, und konnte sich anschließend nicht mehr an den Inhalt des beabsichtigten zweiten Teils erinnern.16 In Adams’ Roman wird an diese Darstellung angeknüpft und die These aufgestellt, daß wir uns ursprünglich in einer anderen Wirklichkeit befunden haben, in der ein zweiter Teil existierte; diese Wirklichkeit sei aber durch die Romanfiguren Dirk, Reg und Richard verändert worden, wodurch sich eine allmähliche Annäherung an unsere Realität vollzogen hätte. Ebenso verhält es sich mit der Tatsache, daß Johann Sebastian Bach in der erzählten Wirklichkeit unbekannt ist, weshalb es auch nicht verwunderlich scheint, daß Richard noch nie von ihm gehört hat. Als Reg jedoch erneut in die Vergangenheit reist und Bach mit außerirdischer Musik vertraut macht, findet abermals ein Eingriff in den Ablauf der Geschichte statt, der die Erklärung dafür gibt, daß Bach in unserer Wirklichkeit als einer der bedeutendsten Komponisten angesehen ist. So vollzieht sich durch das gesamte Buch hindurch eine Wandlung der Wirklichkeitsverhältnisse, verursacht durch Eingriffe in die Vergangenheit, wobei die Wirklichkeitsebene am Ende des Buches mit unserer übereinstimmt.


4. Fortschritt durch Technik?

Zweifelsohne spielt der Technik-Aspekt in diesem Roman eine herausragende Rolle. Dies wird schon früh daran ersichtlich, daß zwei Figuren in der Computerbranche tätig sind: Gordon Way ist Inhaber der führenden Computerfirma WayForward Technologies II; Richard MacDuff, sein „Schwager in spe“ und Angestellter dieser Firma, ist als Entwickler von Computerprogrammen tätig.

4.1 Technik aus einer fremden Welt
Douglas Adams Roman beginnt mit der Beschreibung einer technischen Vorrichtung, die nicht aus unserer Welt ist: der elektrische Mönch. Dabei handelt es sich, laut Erzähler, um „a labour-saving device, like a dishwasher or a video recorder,“ 17 das von außerirdischen Lebewesen konstruiert worden ist, um ihnen das Glauben an bestimmte Dinge abzunehmen.
Nach Adams‘ Roman landet vier Milliarden Jahre in der Vergangenheit ein Raumschiff dieser außerirdischen Wesen auf unserem Planeten, um die Erde zu kolonisieren. Als das Raumschiff wegen eines Zusammenstoßes mit einem Meteoriten repariert werden muß, vertraut der zuständige Bordingenieur seinem elektrischen Mönch etwas zu sehr, der ihm versichert, daß das Raumschiff startklar ist, und es kommt zu einer Explosion, bei der sämtliche Crewmitglieder getötet werden.
Diesen Ausführungen zufolge scheint die Gesellschaft dieser außerirdischen Lebensformen unserer in technischer Hinsicht um einiges voraus zu sein. Sie verfügen über Geräte, die es auf der Erde nicht gibt; nicht zuletzt sind sie in der Lage, Raumschiffe zu bauen, die weite Strecken im Weltall zurücklegen können. Damit ist die Forderung von Isaac Asimov (vgl. 2.1.) erfüllt: die technischen Möglichkeiten dieser Lebewesen scheinen unsere zu übertreffen.
Interessant ist dabei der Aspekt, daß die außerirdische Technologie in ihrer Qualität unserer nicht, wie man vielleicht erwartet hätte, überlegen ist. Wie das Beispiel vom Versagen des elektrischen Mönchs zeigt, weist sie immer noch dieselben Mängel auf, die auch wir bei unseren technologischen Entwicklungen immer wieder feststellen müssen: Sie bieten nicht die von ihren Konstrukteuren erwartete Zuverlässigkeit.

„Douglas Adams’s vision is […] conventional – the modern world is dehumanized by technology; and worse, the technology doesn’t even work.“18

4.2 Vision für die menschliche Zukunft
In seinem Roman läßt Douglas Adams dem eigentlich höherentwickelten Außerirdischen dasselbe Schicksal zuteil werden wie Gordon Way und stellt damit beide Figuren in ihrer Existenz auf dieselbe Stufe – beide werden nach ihrem plötzlichen Tod zu Geistern.
Die Darstellung, wie sich der außerirdische Bordingenieur nach der Reparatur seines Raumschiffes in leichtsinniger Weise auf seinen elektrischen Mönch verläßt, läßt sich als ironischer Seitenhieb auf das menschliche Handeln verstehen und beinhaltet die Prophezeiung, daß wir es aufgrund unserer Natur wohl nie lernen werden, verantwortungsvoll zu handeln, unabhängig davon, wie weit unsere technische Entwicklung vorangeschritten sein mag. Damit, wenn auch in ironischer Weise, enttäuscht er unsere positiven Erwartungen an die Zukunft.


5. Science Fiction und Parapsychologie

„Dirk Gently […] [is] a kind of ghost-horror-detective-time-travel-romantic-comedy-epic, mainly concerned with mud, music and quantum mechanics.“19
– Douglas Adams

5.1 Der Einfluß der Parapsychologie auf die Science Fiction
Die Parapsychologie gilt als die „Lehre von den Erscheinungen, die außerhalb der bekannten Naturgesetze zu stehen scheinen“20. Diese „unerklärlichen“ Phänomene werden in der Regel von den modernen Naturwissenschaften nicht ernst genommen oder auf eine Weise erklärt, die von Parapsychologen als nicht zufriedenstellend empfunden wird. Die Tatsache, daß einige Inhalte der Parapsychologie, wie z. B. Telepathie und Telekinese, mittlerweile dennoch von den modernen Naturwissenschaften aufgegriffen werden, deutet bereits an, daß es sich hier um Dinge handeln könnte, die unsere klassischen Wissenschaften bisher einfach noch überfordert haben und in unserer Gegenwart deshalb noch als unerklärlich gelten müssen; in ferner Zukunft könnten sie jedoch zum Alltag gehören.
Insofern ist es nicht verwunderlich, daß diese Thesen in jüngerer Zeit auch vermehrt bei Science-Fiction-Autoren Anklang finden. Gerade in den letzten Jahren läßt sich eine enorme Popularisierung der Parapsychologie in der SF verzeichnen, wie beispielsweise Fernsehserien wie Star Trek – The Next Generation oder The X-Files zeigen.

5.2 Parapsychologische Elemente in Douglas Adams’ Roman

5.2.1 Dirk Gentlys geistige Fähigkeiten
Für Detektiv Dirk Genty ist es Bestandteil seiner ermittlerischen Tätigkeit, parapsychologische Phänomene miteinzubeziehen, ja vielmehr, seine Nachforschungen auf parapsychologischen Aspekten aufzubauen. Von Dirk Gently wird gesagt, er verfüge über „psychic powers that he’d supposedly inherited from his mother’s side of the family who, he claimed, had lived at the smarter end of Transylvania.“21 Schon zu seiner Studienzeit konnte er die Fragen, die in den Examensprüfungen gestellt wurden, vorhersagen und „sometimes [he would] hum tunes in his sleep that two weeks later would turn out to be a hit for someone.“22 Dirk bestreitet jedoch vehement, daß er über irgendwelche hellseherischen Fähigkeiten verfügt.
Einen weiteren Aspekt, den man der Parapsychologie zuordnen darf, stellt Dirk Gentlys „method of detection“ dar. Für ihn sind parapsychologische Phänomene, auch wenn sie nicht erklärbar sind, real. Aufgrund dieser Annahme legt er der Aufklärung seiner Fälle eine von ihm angenommene „fundamental interconnectedness of all things“ zugrunde.

5.2.2 Existenz von Geistern
Seit Gordon Way aus dem Kofferaum seines Autos heraus von einem elektrischen Mönch erschossen worden ist, fristet er sein Dasein als Geist. Dasselbe Schicksal ereilte bereits vier Milliarden Jahre vor ihm den Bordingenieur des auf der Erde gestrandeten, außerirdischen Raumschiffes, der durch Inbesitznahme von Menschen immer wieder versucht, einen Ausweg aus seiner Lage zu finden und das geschehene Unglück rückgängig zu machen.
Mit der Vorstellung, daß Menschen nach einem unerwarteten Tod als Geister weiterexistieren, „if […] they have left some important business unfinished“23 und von Menschen Besitz nehmen können, greift Adams ein Thema auf, das als wichtiger Bestandteil der parapsychologischen Forschung angesehen wird.

5.2.3 Rückbesinnung auf die Romantik
Douglas Adams versucht mit Dirk Gently’s Holistic Detective Agency die Detective Fiction, die sich bisher dem rationalen Denken verschrieben hat, mit der „irrationalen“ Parapsychologie in Einklang zu bringen. Trotz des Eindrucks, der Autor habe damit eine völlig neue Form des Detektivromans geschaffen, hat er ihn eigentlich doch vielmehr auf seine ursprünglichste Form zurückgeführt: die Gothic Novel der Spätromantik und ihrer Folgezeit, die als maßgeblicher Einfluß auf die Entstehung und Entwicklung der ersten Detective Novels gilt.
Einen Hinweis auf diese Rückbesinnung bietet die Bemerkung, Dirk Gentlys Vorfahren hätten in Transylvanien gelebt, d. h. an dem Ort, an dem eine Vielzahl der Vampirerzählungen des Schauerromans angesiedelt sind.

„He strenuously denied that there were bats of any kind at all in his family and threatened to sue anybody who put about such malicious fabrications, but he affected nevertheless to wear a large and flappy leather coat, and had one of those machines in his room which are supposed to help cure bad backs if you hang upside down from them.“24

Weitere Hinweise auf die Zeit der Romatik findet sich in der Besitzergreifung des englischen Dichters Samuel Taylor Coleridge (1772-1834) durch den Geist des Bordingenieurs und in dem Verweis auf John Keats (1795-1821) in Kapitel 19.
Douglas Adams führt somit die Naturwissenschaften, die für Fakten stehen, mit der Romantik, die sich mit ihren Inhalten dem Mystischen und Unheimlichen, und damit, aus heutiger Sicht, dem parapsychologischen Aspekt verschreibt, zusammen; auf ironische Weise stellt er dar, wie sowohl die Naturwissenschaft als auch die Romantik über wahre Inhalte verfügen und sich deshalb nicht ausschließen:

„all […] things can be described by the complex flow of numbers.
That’s not a reduction of it, that’s the beauty of it.
Ask Einstein.
Ask Newton.
Ask the poet (Keats) who said that what the imagination seizes as beauty must be truth.“25


6. Karikatur der Gegenwart

Bei einer Betrachtung dieses Romans darf natürlich nicht außer Acht gelassen werden, daß er primär dazu geschrieben worden ist, um den Leser zu unterhalten. Douglas Adams karikiert in seinem Buch Trends und Verhaltensweisen unserer Gegenwart.26

„Douglas Adams is a dismayed idealist in jester’s clothing. His portrayal of modern society, and his unrelenting dissection of the modern style of self-centeredness, make us think, make us laugh, and make us look forward to his next book“.27

Elektrische Mönche, beispielsweise, „[believe] things for you, thus saving you what was becoming an increasingly onerous task, that of believing all the things the world expected you to believe.“28 Diese Erfindung ist lediglich eine Weiterführung des Gedankens, man müsse den Menschen durch wachsende Technisierung das Leben erleichtern, und spiegelt deshalb unsere Erwartungen wider. Adams’ futuristische Erfindung beruht so gesehen tatsächlich auf gegenwärtigen Trends; dieses Fortspinnen des Trends geschieht jedoch in so absurder Weise, daß der Roman weniger als „klassische“ Science Fiction angesehen werden kann, als vielmehr als Parodie auf dieses Genre. Die Art, wie Douglas Adams dabei vorgeht, hat Carl R. Kropf in dem Aufsatz „Douglas Adams’s ‚Hitchhiker‘ Novels as Mock Science Fiction“ zusammengefaßt:

„[The] point is obvious enough. Adams is consciously reversing the conventions of the genre. The result is a good deal of humor as, time and again, the reader’s normal expectations are disappointed.“29

Adams hingegen sieht das in einem Interview im Januar 1984 anders:

„I never set out to parody SF, but to use the trappings of SF to look at other things. I think I’d like to do a detective novel. Not as a parody, but to use those conventions to do something else.“30


7. Schluß

Q: „Why do you write science fiction?“-
Adams: „I didn’t mean to. I just exaggerate a lot.“31

Die Frage, ob Douglas Adams’ Roman in das Genre „Science Fiction“ eingeordnet werden kann, muß wohl mit „ja“ beantwortet werden. Die Übereinstimmung mit den Forderungen in Punkt 3. ist in den meisten Fällen gegeben. Die Tatsache, daß es sich hier gleichzeitig um eine Satire auf dieses Genre und auf gegenwärtige Trends handelt, tut dem keinen Abbruch:

„Humor is not that rare a quality in science fiction, but Douglas Adams’s contribution to future mock must surely be unique: he violates SF taboos while at the same time and quite obviously regarding them with deep affection: you only hurt the genre you love. He is a treasure and science fictioneers should place a preservation order upon him.“32

Douglas Adams selbst scheint sich schwer zu tun, seine Bücher in eine bestimmte Kategorie einzuordnen. Kurz nach dem ersten Hitchhiker’s-Erfolg antwortete er auf die Frage, ob er sich selbst eher als SF-Autor oder als Comedy-Writer sehe, folgendermaßen:

„Well, not really, though I suppose I am. I don’t *feel* like one. All my roots are in the comedy world. I don’t know any science fiction writers. I tend to know comedy writers and scientists.“33

Ein paar Jahre später, 1986, revidierte er diese Ansicht:

„The strange thing is that while I was working on Hitchhiker’s I would always find myself telling people I wasn’t a science fiction writer, simply a humour writer who happened to be using some science fiction ideas to tell jokes with. But Dirk Gently is changing my mind. I think maybe I am a science fiction writer. It’s very strange.“34

Douglas Adams‘ Vorliebe für die SF und die in Dirk Gently’s Holistic Detective Agency verarbeiteten Ideen machte sich bereits in den 1970er Jahren bemerkbar. Neben seiner Arbeit an The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy arbeitete er an einigen Episoden der BBC-Serie Dr. Who mit, die als einer der Vorläufer heutiger Science-Fiction-Serien gilt. Zwei davon, The City of Death und Shada, enthalten bereits Plot-Elemente, die 1987 in Dirk Gently’s Holistic Detective Agency wieder aufgegriffen wurden. Shada, das bis heute nie im Fernsehen ausgestrahlt wurde, weist deutliche Parallelen auf: „A Professor Chronitis, a time machine which is an office in a University, a certain joke, etc.“35 The City of Death läßt eindeutig inhaltliche Ansätze für den ersten Dirk-Gently-Roman erkennen: „alien race lands on earth. 5 billion years ago, when they try to take off, the space ship explodes, the only survivor is mysteriously scattered through time in several separate bodies, and influences the mona lisa and shakespeare (rather more accessible references than coleridge and bach).“36 Desweiteren wird auch hier das Leben auf der Erde durch die Explosion eines Raumschiffes verursacht, sogar ein Detektiv taucht auf.37
Obwohl Dirk Gently’s Holistic Detective Agency in der Regel in erster Linie als Detective Fiction angesehen wird, darf dennoch nicht vergessen werden, daß der SF-Aspekt in Douglas Adams‘ Werk eine zentrale Rolle einnimmt. So gesehen charakterisiert man diesen Roman vielleicht am umfassendsten mit der Bezeichnung: „Detective Fiction der Dritten Art“.


FUSSNOTEN

1 Adams (1988, 115).
2 Adams (1990, 6).
3 http://www.informatik.tu-muenchen.de/~creighto/dna/Complete.ascii
4 Asimov, Isaac (1981), „Meine Betrachtung der Science Fiction,“ in I. Asimov, C.G. Waugh und M.H. Greenberg, Hrsg., Faszination der Science Fiction, zitiert nach http://www.informatik.tu-muenchen.de/~creighto/dna/Complete.ascii.
5 Asimov, Isaac (1988), „Science Fiction Finds Its Voice,“ in M.H. Greenberg, C.G. Waugh, eds., The Mammoth Book of Classic Science Fiction, Nightfall Inc., zitiert nach http://www.informatik.tu-muenchen.de/~creighto/dna/Complete.ascii.
6 Aldiss (1964, 11).
7 Aldiss (1964, 9).
8 Aldiss (1964, 9-10).
9 Aldiss (1964, 10).
10 Asimov (1982).
11 Hawking (1997, 196).
12 Hawking (1997, 207-208).
13 alt.fan.douglas-adams, From: Gafyden
14 http://www.atomiser.demon.co.uk/mh/faq/peanut.zip (Section E.1.)
15 Adams (1988, Buchrückseite).
16 http://www.atomiser.demon.co.uk/mh/faq/peanut.zip (Section E.1.)
17 Adams (1988, 1).
18 Schine (1990, 5).
19 Gaiman (1988, 148).
20 Der Brockhaus in einem Band (1994, 732).
21 Adams (1988, 38).
22 Adams (1988, 40).
23 Coward (1990, 3).
24 Adams (1988, 38).
25 Adams (1988, 146).
26 Aldiss (1964, 11).
27 Adams (1990, 5).
28 Adams (1988, 3).
29 Kropf, Carl R., „Douglas Adams’s ‚Hitchhiker‘ Novels as Mock Science Fiction,“ Science Fiction Studies Department of English, Indiana State University No. 15/1, 61, zitiert nach: http://www.informatik.tu-muenchen.de/~creighto/dna/Complete.ascii.
30 Gaiman (1988, 145).
31 Gaiman (1988, 140).
32 Hutchinson (1982, 7).
33 http://www.informatik.tu-muenchen.de/~creighto/dna/Complete.ascii
34 Gaiman (1988, 148).
35 http://www.atomiser.demon.co.uk/mh/faq/peanut.zip (Section B.4.)
36 alt.fan.douglas-adams, From: Daniel Earwicker
37 Gaiman (1988, 44).


BIBLOGRAPHIE

Primärliteratur:

Adams, Douglas (1987, 1988), Dirk Gently’s Holistic Detective Agency, 17th ed., London: Pan Books.

Adams, Douglas (1988, 1993), Dirk Gently’s Holistische Detektei, 4. Aufl., Frankfurt/M; Berlin: Ullstein.

Sekundärliteratur:

Aldiss, Brian W., ed. (1964), „Introduction“ to Introducing SF. A Science Fiction Anthology, London: Faber and Faber, 9-13.

Adams, Douglas, Marc Conly (1989, 1990), in an interview in The Bloomsbury Review, Vol. 9, No. 3, May-June, 1989, pp.16-17, in R. Matuz, ed., Contemporary Literary Criticism. Excerpts from Criticism of the Works of Today’s Novelists, Poets, Playwrights, Short Story Writers, Scriptwriters, and Other Creative Writers, Volume 60, Detroit, Michigan: Gale Research Inc., 5-7.

Coward, Mat (1987, 1990), „Connections,“ The Listener, Vol. 117, No. 3017, June 25, 1987, p.29, in R. Matuz, ed., Contemporary Literary Criticism. Excerpts from Criticism of the Works of Today’s Novelists, Poets, Playwrights, Short Story Writers, Scriptwriters, and Other Creative Writers, Volume 60, Detroit, Michigan: Gale Research Inc., 3.

Gaiman, Neil (1988), Don’t Panic. The Official Hitchhiker’s Guide to the Galaxy Companion, 2nd ed., New York: Pocket Books.

Hawking, Stephen (1988, 1997), Die illustrierte Kurze Geschichte der Zeit, 1. Aufl., Gütersloh: Rowohlt.

Hutchinson, Tom (1982), „Science Fiction. Hitching another hike to the stars,“ The Times, September 9, 1982, 7.

Schine, Cathleen (1989, 1990), „Dirk Gently, Holistic Detective,“ The New York Times Book Review, March 12, 1989, p.11, in R. Matuz, ed., Contemporary Literary Criticism. Excerpts from Criticism of the Works of Today’s Novelists, Poets, Playwrights, Short Story Writers, Scriptwriters, and Other Creative Writers, Volume 60, Detroit, Michigan: Gale Research Inc., 4-5.

Nachschlagewerk:

Der Brockhaus in einem Band (1994), 6. Aufl., Leipzig; Mannheim: Brockhaus.

Internet:

Web-Page:

http://www.informatik.tu-muenchen.de/~creighto/dna/Complete.ascii
Titel: http://www.informatik.tu-muenchen.de/~creighto/dna/Complete.ascii
„Douglas Adams – a science fiction writer?“ by Oliver Creighton
Date: 28.8.1997

Newsgroup:

alt.fan.douglas-adams
From: Gafyden <gafyden@nospam.com>
Subject: Re: Dirk Gently question
Date: Mon, 08 Sep 1997 18:18:09 -0400

alt.fan.douglas-adams
From: Daniel Earwicker <daniele@dircon.co.uk>
Subject: Doctor Who – Dirk Gently Link
Date: 14 Sep 1997 14:24:53 GMT

Dateien:

http://www.atomiser.demon.co.uk/mh/faq/peanut.zip
„The alt.fan.douglas-adams FAQ“
maintained by Nathan Hughes and Stuart Bruce
Date: 16.9.1997

http://www.atomiser.demon.co.uk/mh/librar/guide2.zip
„The Ultra-Complete Index to Dirk Gently’s Holistic Detective Agency“
compiled and copyrighted 1994 by Mathias Maul and Jonathan Woithe
Date: 16.9.1997

Weitere gesichtete Literatur:

Sekundärliteratur:

Stine, Jean C., ed. (1984), „Douglas (Noel) Adams. 1952-,“ in Jean C. Stine, Contemporary Literary Criticism. Excerpts from Criticism of the Works of Today’s Novelists, Poets, Playwrights, Short Story Writers, Scriptwriters, and Other Creative Writers, Volume 27, Detroit, Michigan: Gale Research Company, 11-15.

Marzin, Florian F. (1989, 1997), „Adams, Douglas. Der elektrische Mönch,“ in: Franz Rottensteiner, Michael Koseler, Hrsg., Werkführer durch die utopisch-phantastische Literatur, Band 1: A-C, Grundwerk 1989-1997, 2. Erg.-Lfg. August 1989, Meitingen, 1-2.

Brown, Richard (1982), „Posh-school SF,“ The Times Literary Supplement. 1982, September 24, 1982, 1032.

„Livrierte Androiden“ (1997), Der Spiegel, Nr. 32/4.8.1997, 138-139.

„Die Leute lernen nicht“ (1997), Der Spiegel, Nr. 32/4.8.1997, 139-141.

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